Kopfzeile

Inhalt

Klosters gestern

Klosters anno 1800
Der Fund eines Steinhammers in Seewis, die bedeutenden Bronzefunde in Schiers, der Fund eines Bronzebeils am Schlappinerjoch, eine Bronzelanzenspitze am Flüelapass und der Opferstein in Arflina, dann aber auch heute noch gebräuchliche Flur- und Ortsnamen keltischen respektive gallischen oder etruskischen Ursprungs weisen darauf hin,
dass unser Tal und somit sicher auch Klosters schon in vorchristlicher Zeit nicht nur begangen, sondern schon - wenn auch vermutlich nur schwach - besiedelt war.

In einer Bulle des Papstes Honorius III. im Jahre 1222 wird das von Prämonstratensermönchen gegründete "Kloster oder Spital des heiligen Jacobus und Christophorus im Walt im Thale Prättigau" als dem Kloster Churwalden untergeordnet, erstmals erwähnt.

Dieses Kloster besass mit der Zeit als Eigentum 12 Höfe in der näheren Umgebung, 1 Hof in Luzein und 1 Hof in Fideris, dazu gehörten auch 2 Alpen, nämlich die Mönchalp in Klosters und Alp Aschüel in St. Antönien. Des weiteren besass das Kloster mehrere Weinberge in Malans. Schutzherren des Klosters waren die Freiherren von Vaz.

Die vielen romanischen Flur- und Ortsnamen bezeugen, dass zu dieser Zeit um das Kloster herum eine romanisch sprechende Bevölkerung ansässig war.

Zu Anfang des 14. Jahrhunderts liessen sich in Schlappin deutsch sprechende Walser nieder. In der Folge wurde Schlappin während mehr als 300 Jahren eine Jahressiedlung mit eigener Kapelle.

Nach dem Tod des letzten Vazers kam das Tal 1338 durch Erbgang an die Freiherren von Toggenburg. 1436, nach dem Tode Friedrichs VII., des letzten Toggenburgers, erfolgte auf Davos die Gründung des Zehngerichtebundes. Das Gericht Klosters erbten die Grafen von Montfort, die es 1477 an Herzog Sigmund von Österreich verkauften.

Durch die Vereinigung der drei rätischen Bünde 1471 zu Vazerol ergab sich die paradoxe Situation, dass unser Tal wohl Mitglied des rätischen Freistaates aber gleichzeitig auch österreichisches Untertanenland war. So kämpften denn 1499 unsere Vorfahren als österreichische Untertanen in der Schlacht an der Calven auf Seiten der übrigen Bündner gegen ihre rechtmässigen Herren. Der Hauptharst der Umgehungskolonne über den Schlingenberg soll aus Davosern und Prättigauern bestanden haben.

1525/26 fand die Reformation in Klosters Eingang. Als eigentlicher Reformator gilt der aus dem Vorarlberg stammende und im Kloster als Messpriester amtende Jakob Spreiter. In der Folge wurde das Kloster aufgehoben und die vielen Klostergüter unter die ansässigen Bauern verteilt. Der letzte Propst hiess Bartholomäus Bilger. Der erste reformierte Prädikant soll Heinrich Spreiter, ein Bruder des Jakob Spreiter, gewesen sein. Von 1535 bis 1550 amtete Ulrich Campell,
der Bündner Reformator und "Vater der rätischen Geschichte" als Pfarrer zu Klosters.

Nach längeren Auseinandersetzungen mit den österreichischen Schutzherren des Klosters sanktionierten diese im Jahre 1548 dessen Aufhebung unter der Bedingung, dass
  • "die zuo rächtem redlichen und ewigen Erblehen verliehenen Güöter ordentlich verzinst werden und die Gebäulichkeiten durch die Lehenslüt buwlich und wohnlich gehalten würden, und
  • dass wenn es über kurz oder lang darzuo käme, dass zu Klosters wieder das Mehr würde für die römische Kirche, dass da wieder ein Propst beruofen und wohnen würde, so sollent die Nachbaren schuldig sein, ihme zu geben so viel Wiesen, dass er möge vier Kuöh wintern."


Im Jahre 1612 gelang es unseren Vorfahren, die im erwähnten Vertrag von 1548 eingegangenen Zinsverpflichtungen durch eine einmalige Loskaufssumme abzulösen.

Am 27. Oktober 1621 überfielen österreichische Truppen unter dem Obersten Baldrion das Engadin und marschierten von dort über den Flüela nach Davos, von wo aus sie Klosters und das übrige Prättigau unterwarfen. Die Waffen mussten abgegeben und den österreichischen Herren erneut gehuldigt werden. Alle erworbenen Rechte und Freiheiten gingen verloren. Die Kirche zu Klosters wurde zerstört. Bis 1634 fand der Gottesdienst auf dem sogenannten "Tempelgaden" statt.

Am Palmsonntag 1622 erfolgte dann der Aufstand der Prättigauer. Der Feind wurde aus dem Tal hinaus geworfen.
Anführer der Klosterser war der Hauptmann Johannes Jeuch aus der Klus. Aber schon im August des gleichen Jahres erfolgte ein erneuter Einmarsch österreichischer Truppen unter Oberst Sulz. Bei Aquasana und auf dem Matteli mussten die Talleute dem übermächtigen Feind weichen. Das Tal ging in Flammen auf.

1624 kamen französische Truppen ins Tal und vertrieben die Oesterreicher. Die französische Besetzung dauerte jedoch nur bis 1629, als die Oesterreicher das Tal wieder in ihren Besitz brachten und die Franzosen verjagten. Damit nicht genug:
im gleichen Jahr brach im Tal die Pest aus. Allein in Klosters starben damals an dieser schrecklichen Krankheit in einem halben Jahr 540 Personen (geschätzte Einwohnerzahl damals rund 900 Personen).

Im Juni 1649 konnten sich die 10 Gerichte von der österreichischen Herrschaft loskaufen.

Die 50 Jahre von 1652 bis 1702 können als die Zeit der Hexenprozesse bezeichnet werden. In diesem Zeitraum wurden allein im Hochgericht Klosters rund 50 Personen, vorwiegend Frauen, dem Henker übergeben.

1770 forderte ein Bergsturz in Monbiel 17 Tote. Die bis dahin in Klosters führende Familie Jeuch verlor durch diese Naturkatastrophe ihren gesamten Besitz und verarmte. Zur Zeit der napoleonischen Kriege rückten am 25. Februar 1799 französische Truppen in der Stärke von 1'500 Mann in Klosters ein. Ende April des gleichen Jahres überschritt eine österreichische Truppe, bestehend aus 1 ½ Bataillonen, das Schlappinerjoch und schlug die Franzosen in mehreren Gefechten in und um Klosters in die Flucht. Da andernorts der österreichische Angriff nicht vorangekommen war,
zog sie sich wieder über das Schlappinerjoch zurück, um am 14. Mai mit 4 Bataillonen, einem halben Schwadron Reiterei und vier Gebirgsschützen erneut das Schlappinerjoch zu bezwingen. In den darauf folgenden Gefechten wurden die Franzosen endgültig in die Flucht geschlagen.

1803 trat Graubünden in den eidgenössischen Bund ein und gab damit seine Selbständigkeit auf.

1852 erfolgte der Bau der Talstrasse und in den folgenden Jahren entstanden die ersten Hotels in Klosters.

1889 am 9. Oktober wurde die Teilstrecke Landquart-Klosters der Rhätischen Bahn, die damals noch Landquart-Davos-Bahn hiess, eröffnet.

Am 21./22. Juli 1900 lösten verheerende Hagelwetter gewaltige Rüfen aus, die in der ganzen Gemeinde schwerste Verwüstungen verursachten.

Die Entwicklung vom einfachen Bergbauerndorf vergangener Zeiten zum Sommerkurort setzte in den Siebzigerjahren des vergangenen Jahrhunderts ein. Aber schon im Winter 1904/05 wurde erstmals das Hotel Vereina für die Wintersaison offen gehalten. In der Folge entstand eine grosse Eisbahn und vom Laret herunter fanden die ersten Schlittel- und Bobrennen statt. Bald befuhren die ersten Skifahrer die Hänge um Klosters und in Selfranga entstand eine grosse Sprungschanze. Klosters war auch ein bekannter Winterkurort geworden. Die Erstellung der Gotschnabahn 1949/50 und der Bau der Madrisabahn 1965 unterstreichen diese Entwicklung deutlich.

Einen entscheidenden Beitrag zu dieser Entwicklung haben auch die Kraftwerkbauten im Dorf und in der Aeuja beigetragen. Schon 1909 entstand im Dorf das erste Elektrizitätswerk der Firma Gubler und Co. In den Zwanzigerjahren wurde die Stufe Davos-Klosters erstellt und 1927/28 das Werk am Schlappinbach erweitert und auf den heutigen Stand gebracht.

Zusammenfassend ist festzustellen, dass sich Klosters in dem nun bald zu Ende gehenden 20. Jahrhundert mehr geändert hat als in all den voraus gegangenen Zeiten seit der Gründung des Klosters oder Spitals des heiligen Jacobus und Christopherus vor bald 800 Jahren. Aus dem zerstreuten, stillen und abgelegenen Bergbauerndorf ist ein bekannter Fremdenkurort geworden, ein Fremdenort, der, ohne überheblich zu sein, den Anspruch erheben darf, auch heute noch eine wohltuende und heimelige Atmosphäre auszustrahlen. Dies, obschon die Bautätigkeit vor allem seit den Fünfzigerjahren ein nie geahntes Ausmass angenommen hat. Gab es zu Anfang dieses Jahrhunderts noch 7 Hotels und 4 Pensionen,
die den Gästen zur Verfügung standen, so sind es heute 31 Hotels und Pensionen und beinahe unzählige
Ferienhäuser- und Wohnungen.

Dank der Umsicht und dem Weitblick einsichtiger Kreise aus Politik und Wirtschaft gelang es den Behörden in Zusammenarbeit mit dem bereits 1890 gegründeten Kur- und Verkehrsverein Klosters, schon vor mehr als 50 Jahren eine richtungsweisende Bauordnung auszuarbeiten und in Kraft setzen zu lassen, die im wesentlichen bauliche Entgleisungen zu verhindern in der Lage war. 1973 erfolgte eine Anpassung des Baugesetzes an die neuen Gegebenheiten und eine Ergänzung desselben mit einem Zonenplan. Dass daneben der ständigen Anpassung der Infrastruktur an die neuen Gegebenheiten die erforderliche Aufmerksamkeit geschenkt wurde, soll auch noch erwähnt werden. Die heute gültige Verfassung der Gemeinde wurde 1987 einer Totalrevision unterzogen und auf den 1. Januar 1988 in Kraft gesetzt.
Die Behandlung und Pflege der grossen gemeindeeigenen Waldungen regelt die aus dem Jahre 1966 stammende Forstordnung. Das letztmals im Jahre 1935 revidierte Flurgesetz umschreibt u.a. die flurpolizeilichen Bestimmungen.

Im Jahre 1975 konnte im Dorf eine der ersten Kläranlagen des Kantons in Betrieb genommen werden.

Mit der fortschreitenden Modernisierung der Landwirtschaft musste der seit 1642 bestehende Jeuchsche Alpbrief nach mehr als 300-jähriger Gültigkeit ausser Kraft gesetzt werden. Es erfolgte eine Aufteilung der Alpen. Die noch verbleibenden Kuhalpen wurden modernisiert und mit Melkmaschinen und anderen zeitgemässen Einrichtungen versehen.

Die bis gegen Ende der Siebzigerjahre ständig wachsenden Schülerzahlen riefen gebieterisch nach vermehrten Schulungsräumen. So entstanden in der Folge am Platz und im Dorf neue und modern konzipierte Schulhäuser.

Zur besseren Erschliessung und Nutzung der vielen gemeindeeigenen Waldungen wurde das Waldwegnetz vielerorts erneuert. Gute und breit angelegte Waldwege gestatten nun das Befahren derselben mit Traktoren, was die Nutzung wesentlich erleichtert.

Zu erwähnen ist auch noch, dass in den Jahren 1921/22 beim Kanal eine kleine, dem heiligen Joseph geweihte,
katholische Kirche entstand. Rund 40 Jahre später, d.h. 1963 sah sich die Kirchgemeinde genötigt, das Kirchlein durch einen grösseren Bau zu ersetzten.

Abschliessend darf festgestellt werden, dass Klosters nicht nur seinen Gästen, sondern auch seinen übrigen Bewohnern sehr viel zu bieten in der Lage ist. Es lohnt sich daher, in Klosters zu leben. Sollte es in absehbarer Zeit gelingen,
den hiesigen Autoverkehr durch den Bau einer weiträumigen Umfahrungsstrasse aus den Dörfern herauszuhalten,
würde dies eine weitere wesentliche Verbesserung der Lebensqualität bedeuten.
Klosters, 1988 Christian Hew, alt Landammann
  • Drucken